Creative Power, Neuigkeiten & Events, Inspiration

The Anatomy of Creativity - Teil 3

05 Feb 2021 —
Drucken
anatomy-of-creativity-3-banner.jpg

„The Anatomy of Creativity“ ist eine Partnerschaft zwischen The Brand Identity und Antalis Creative Power. Zusammen untersuchen wir in einer Serie von drei Artikeln, ob es spezifische Komponenten der Kreativität gibt und diskutieren das Thema.

„The Anatomy of Creativity“ ist eine Partnerschaft zwischen The Brand Identity und Antalis Creative Power. Zusammen untersuchen wir in einer Serie von drei Artikeln, ob es spezifische Komponenten der Kreativität gibt und diskutieren das Thema.

In einer immer schneller werdenden Welt, verwoben mit einer ständig steigenden Nachfrage nach Inhalten, Kapital und Bequemlichkeit, scheint nicht viel Zeit zum Nachdenken zu bleiben. Das Denken wird stattdessen in den Hintergrund gedrängt, und zwar von der Gier nach ansprechenden Bildern, die aus einer riesigen Menge heraus um unsere Aufmerksamkeit konkurrieren. Aber ist etwas, das einfach nur heraussticht, ein Beispiel für „gutes“ Design, oder ist es einfach nur glitzernde Augenwischerei? Braucht Design ein Konzept, um dieses Kriterium zu erfüllen, oder ist dieses Herausstechen ein Konzept an sich? Im heutigen Kontext ist es an der Zeit zu fragen, ob „gute“ Ideen einem Konzept folgen müssen oder ein rein ästhetisches Unterfangen sein können. Wir fragen uns einfach: Was ist eine gute Idee? 

Die Entdeckung des FedEx-Pfeils war ein Geistesblitz.”

Mike White, Kreativchef des Studios Lowrie erinnert sich: „Die Entdeckung des FedEx-Pfeils war ein Geistesblitz, das Futter für ein absolutes Lächeln im Kopf“. So beschreibt er das, was er für eine gute Idee hielt. Liza Enebeis, Kreativchefin bei Studio Dumbar, verweist auf die „sehr traditionelle Art und Weise“, auf die ihnen gute Ideen beigebracht wurden. In ähnlicher Weise erklärt Mike White, dass er als Kind das Konzept „des Wortes Fisch in Form eines Fisches“ als einen durchschlagenden Erfolg empfand. „Zu anfangs war eine gute Idee ein kühnes, einfaches Logo, das offensichtlich auf ‚witzige‘ und skurrile Weise einen Aspekt des Unternehmens oder seiner Werte kommunizierte“, fügt er hinzu. Weniger traditionell erklären die Macher bei Open Practice ihre Ausbildung im Grundstudium ganz ähnlich. Sie weisen darauf hin, dass „es einen Fokus auf ‚gutes Design‘ mit einer klaren Botschaft gab“. Andererseits „wurden wir in der weiteren Ausbildung jedoch ermutigt, Botschaften und ihre Medien zu kritisieren und zu hinterfragen."

 

Der eigentliche Antrieb hinter all diesen Unterrichten sind nach Meinung von Open Practice vielleicht die Lehrer selbst: „Während unseres Studiums lernten wir von unseren Tutoren, Kommilitonen und Design-‚Helden‘, was eine ‚gute‘ Idee ist.“ Craig Parsons, Chief Creative Officer bei PARSONS, bemerkt hingegen, dass ihm nie beigebracht wurde, was eine gute Idee überhaupt ist. „Ich glaube, in der goldenen Ära der Werbung versuchte man zu vermitteln, dass eine gute Idee aus einer einprägsamen Kampagne besteht, auf der man dann die weiteren Erfolge aufbauen wollte. Das hat für mich nie so ganz funktioniert – für mich geht es mehr um Instinkt“, erklärt er. Ähnlich empfand es die in Glasgow lebende Designerin und Typografin Raissa Pardini. Sie erläutert, dass die strengen und starren, vielleicht akademischen Methoden, die ihr während ihres Studiums zum Erfassen „guter Ideen“ beigebracht wurden, sie eher ausbremsten, während ihre Mutter ihr „einfach beibrachte, dass eine gute Idee genau das ist, ‚was du für richtig hältst.“

Der eigentliche Antrieb hinter all diesen Unterrichten sind nach Meinung von Open Practice vielleicht die Lehrer selbst: „Während unseres Studiums lernten wir von unseren Tutoren, Kommilitonen und Design-‚Helden‘, was eine ‚gute‘ Idee ist.“ Craig Parsons, Chief Creative Officer bei PARSONS, bemerkt hingegen, dass ihm nie beigebracht wurde, was eine gute Idee überhaupt ist. „Ich glaube, in der goldenen Ära der Werbung versuchte man zu vermitteln, dass eine gute Idee aus einer einprägsamen Kampagne besteht, auf der man dann die weiteren Erfolge aufbauen wollte. Das hat für mich nie so ganz funktioniert – für mich geht es mehr um Instinkt“, erklärt er. Ähnlich empfand es die in Glasgow lebende Designerin und Typografin Raissa Pardini. Sie erläutert, dass die strengen und starren, vielleicht akademischen Methoden, die ihr während ihres Studiums zum Erfassen „guter Ideen“ beigebracht wurden, sie eher ausbremsten, während ihre Mutter ihr „einfach beibrachte, dass eine gute Idee genau das ist, ‚was du für richtig hältst‘.“

 

„Mir wurde nie beigebracht, was eine ‚gute Idee‘ war oder ist“, widerspricht die in New York ansässige Designerin und Typografin Emily Jing Sum Chan. Sie meint, dass in der Tat einige Ideen einfach erfolgreicher sind als andere, je nach Kontext, Zeit und Ort. Sie findet, dass es so etwas wie eine ‚gute‘ oder ‚schlechte‘ Idee nicht gibt. „Natürlich gibt es im Grafikdesign ‚Regeln‘, aber man kann diese Regeln auch brechen, wenn man sie gut genug kennt“, ergänzt sie. Was bei genauer Betrachtung des Konzepts einer „guten Idee“ ebenfalls deutlich wird, ist die Veränderung des Konzepts im Laufe der Zeit. Emily Jing Sum Chan erläutert ihre Abneigung gegen das Konzept von „guten“ und „schlechten“ Ideen und findet, dass es nicht die Ideen sind, die sich ändern, sondern vielmehr das „Design, ästhetische Trends, Prinzipien und Meinungen.“

 

In einem eher kommerziellen Sinn merkt Liza Enebeis an, dass gute Ideen „definitiv nicht ausschließlich auf Witz oder einen Aha-Moment zurückzuführen sind“, sondern vielmehr auf ein Zusammenspiel von Komponenten wie Konstruktion, Lieferung und Wahrnehmung. Mike White denkt ähnlich: „Für mich entspringt eine gute Idee immer noch demselben Wesen der Kommunikation, aber es sind zwei Komponenten, die diesen Dialog ausmachen: Zuhören und Antworten.“ Durch Zuhören versteht man den Kunden, sein Publikum und seinen Auftrag, und Reagieren heißt, all diese Dinge auf die angemessene und einzigartige Weise zu kommunizieren.“ Das bedeutet also, dass „gutes“ Design und die Ideen dahinter kommunikativ sind. Ob sie „gut“ sind, hängt von ihrer Beziehung zu einem Publikum ab – sei es ein Kunde, ein Verbraucher oder irgendetwas dazwischen.

 

In diesem Sinne findet Open Practice, dass „Ideen in Kontexten verwurzelt sind, und wenn sich diese verschieben, kann das, was einmal eine ‚gute Idee‘ war, nicht mehr angemessen sein“, insbesondere unter den Bedingungen sich ständig ändernder Praktiken in der Kreativbranche. Open Practice betont die Wichtigkeit, sich der eigenen Handlungsfähigkeit als Designer innerhalb der „sich ständig verändernden Bedingungen“ der Branche bewusst zu sein und merkt an, dass das Wesen dieser Branche auf den eigenen Spielraum und das Feedback ausgelegt ist. „Durch Diskussionen und Zusammenarbeit bekommen wir eine Vorstellung davon, was funktioniert und vielleicht auch, was nicht funktioniert“, erklären die Designer von Open Practice.

Diese Abstraktion ist die Grundlage für die Methodik von Open Practice und besonders kontextrelevant in der Ausbildung, Forschung und Schöpfung im Designbereich, zu dem sie gehören. „Als Studio sind wir an einer relationalen und ökologischen Art der Arbeit mit anderen interessiert die auf feministischen Vorstellungen von Lernen und Machen basiert“, erklären sie. Mit diesem Verständnis ist die Grundlage ihrer Arbeit das Entwerfen mit Bewusstsein für und in Bezug auf andere, aber nicht für sie. Im Gegensatz zu Mike White und PARSONS betont man bei Open Practice, dass „es auch wichtig ist, die alte Binsenweisheit in Frage zu stellen, es gehe beim Design nur um Problemlösungen“, und zwar durch das Hinterfragen des Prozesses der Problemdefinition. Bei Open Practice sieht man die „einfache Messung“ der Qualität einer Idee darin, zu qualifizieren, wie erfolgreich eine Lösung für ein Problem ist. „Wenn allerdings das ‚Problem‘ falsch identifiziert, schlecht recherchiert oder aus eingeschränkten Perspektiven betrachtet wurde, können sich daraus nicht nur ‚schlechte‘ sondern sogar schwerwiegende Folgen ergeben“, erklären die Fachleute von Open Practice.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob gutes Design das Ergebnis schlechter Ideen sein kann und umgekehrt. Liza Enebeis räumt ein, dass „wenn man die Idee als den Zweck von etwas definiert, dann ist die Antwort ja“, was darauf hindeutet, dass „ein schön gestaltetes Objekt von vornherein mit einer schlechten oder guten Absicht gemacht werden kann.“ Anhand ihres Beispiels des „Messers“ stellt sich vielleicht die Frage, ob man die Qualität einer Idee an der Absicht oder am Zweck festmacht. „Wenn die Idee nicht von Anfang an da ist, fällt es uns schwer, voranzuschreiten“, erklärt Mike White. „In solchen Fällen hinterfragen wir das Auftrags-Briefing intern oder mit dem Kunden, bis wir eine gute Richtung extrapolieren, in die wir gehen können!“ Innerhalb dieser Denkweise können schlechte Ergebnisse die Folge guter Ideen sein, „wie eine schlampige Klempnerarbeit“, bemerkt er: „Alle Elemente sind vorhanden, sie wurden aber falsch zusammengesetzt.“

Jing Sum Chan stellt jedoch in Frage, dass gutes Design aus schlechten Ideen entstehen könne und erklärt, dass diese Fragestellung per se falsch ist. „Schlechte Ideen führen nicht zu ‚gutem Design‘, denn Design ist nur dann erfolgreich, wenn die Idee hinter der Arbeit erfolgreich ist oder eine vernünftige Absicht dahintersteckt. Manchmal können vernünftige Absichten zu einer erfolglosen Umsetzung führen“, erklärt sie und lobt die Notwendigkeit skizzierter Entwürfe und der Interaktion innerhalb des eigenen Prozesses, um die erfolgreichste Wahl zu treffen. Ein Gefühl, das man bei Open Practice teilt: „Es gibt natürlich großartige Ideen, die man persönlich als ‚schlechtes‘ Design wahrnehmen mag“ – nämlich das Ergebnis von Missachtung oder mangelnder Betonung von Form und Material, oder aber von „mangelnder Kommunikation oder Reflexion.“

 

„Die Herausforderung für die Designer von heute besteht darin, aus dem Hintergrundrauschen hervorzustechen.“

 

In diesem Zusammenhang wirft Open Practice jedoch die Frage nach der Überzeugung auf und erklärt, dass „wir als Designer über eine einzigartige Fähigkeit verfügen, die mit der richtigen Art von Bildsprache und Verbreitungsmitteln alles überzeugend aussehen lassen kann“, wodurch ein Design entsteht, das „gefährlich verlockend (also gut)“ wirken kann, was vor allem Kritikfähigkeit erfordert. Gerade durch eine Linse der Arroganz, sei es durch unangemessene Entscheidungsfindung oder mangelnde Recherche, kann ästhetisch ansprechendes Design eine gefährliche und reale Auswirkung haben. Aber muss hinter Ästhetik unbedingt Recherche oder ein Konzept stehen, um erfolgreich zu sein? Braucht „gutes Design“ ein Konzept, oder kann es auch einfach nur bildlich sein?

 

Zur Rolle der Ästhetik in Bezug auf das Konzept bemerkt Liza Enebeis: „Das Visuelle ist ein Konzept an sich. Der bildliche Ausdruck ist kein Nichts – man drückt immer etwas aus, und jede Art von Ausdruck ist ein Konzept an sich.“ Wie von Craig Parsons beschrieben, ist „ein provokantes Bild an sich schon Kommentar genug, wenn man seinen sozialen Kontext berücksichtigt“, was zu der Frage führt, was wir als ästhetisch und was wir als konzeptionell ansehen, und am Ende wieder, was „gutes“ Design ausmacht.

Bei Open Practice ist man sich des Unterschieds zwischen Methodik und Praxis bewusst und erklärt, dass die Konzeptentwicklung im Herzen dessen liegt, warum, wie und was man macht. „Für uns definiert die Idee eine gestalterische Arbeit: Sie gibt ihr Bedeutung, Kontext und eine Möglichkeit, sich mit Menschen zu verbinden“, erklären die Mitarbeiter von Open Practice. Wir stellen dies nun in den Kontext der sich ewig weiterentwickelnden und verbessernden Systeme und Technologien, die dem Designer zur Verfügung stehen, zusammen mit der Leichtigkeit, etwas gut aussehen zu lassen, und dem „Einfluss von visuellen Reizen und der Zugänglichkeit zu Ressourcen“ – so erklären sie die Funktion des zeitgenössischen Designs. „Die Herausforderung für die Designer von heute besteht darin, aus dem Hintergrundrauschen hervorzustechen und etwas zu gestalten, das nicht nur passend, sondern auch bedeutungsvoll, einzigartig und eindrucksvoll ist“, erklären sie und legen den Schwerpunkt bei „gutem“ Design auf die Präsenz, die es einnimmt. Für sie wird dies durch ein Konzept erreicht, und sie fügen hinzu: „Die explorative Strategie, durch das Machen zu denken, anstatt sich nur auf das Erzielen von Ergebnissen zu konzentrieren, ist ein nützliches Werkzeug."

Auch Raissa Pardini glaubt an das Konzept als Wegweiser für gute Ideen. Sie gibt aber auch zu bedenken, dass „manchmal etwas ohne wirklichen Grund einfach perfekt funktioniert. Ich fordere die Kunden heraus, die Schönheit einer Sache zu sehen, wenn ich ein gutes Gefühl dabei habe.“ Vor diesem Hintergrund diskutiert Mike White die Rolle des Konzepts innerhalb des Kontexts, in dem wir heute Inhalte konsumieren. „Ich habe wirklich das Gefühl, dass unser heutiger Konsum von Design auf Instagram KOMPLETT oberflächlich ist und wir schöne Dinge genau wie Elstern sehen“, bemerkt er. „Kopierte Projekte, geklaute Plakate, abgekupferte Visitenkarten – wenn es hübsch aussieht, spielt es vielleicht keine Rolle, ob es eine gute Idee für einen Kunden ist oder nicht, weil es am Ende zu einer führen könnte.“ Die Art und Weise ist schlüssig: Das Ergebnis folgt auf die Absicht. Deshalb können Ideen auch im Nachhinein als „gut“ eingestuft werden, wie z. B. abgekupferte Arbeiten, die aufgrund des positiven Echos online zu neuen Arbeiten führen. Dies widerspricht der Vorstellung, dass Ideen aufgrund ihrer Absicht als „gut“ bewertet werden. Im Sinne einer Rechtfertigung führt dies zur Frage, ob dies auch auf Konzepte übertragen werden kann und ob die Post-Rationalisierung für „gute“ Ideen und nicht für „Betrug“ spricht.

Für einige ist die Post-Rationalisierung eine Standardpraxis. Liza Enebeis findet, dass „man etwas nennen oder mit einer bestimmten Idee im Hinterkopf gestalten kann, wie immer man will – aber sobald ein Design die Hände des Designers verlässt, muss es auf seinen eigenen Füßen stehen.“ Die Bedeutung hinter dem Design ist in diesem Sinne also zeitgemäß und konzeptionell, was Craig Parsons als sehr ungewöhnlich ansieht. „Das Schöne an Design ist, dass es für die Person, die es erlebt, etwas Einzigartiges bedeutet. Etwas für Menschen zu gestalten, erlaubt uns, es loszulassen und aus dem nuancierten (oder auch brutal ehrlichen) Feedback eine Erfahrung zu sammeln und sie zu verarbeiten. Das kann über die ursprünglichen Erwartungen des Gestalters hinausgehen.“ Im Nachhinein kann sich das Verständnis für das Design ändern und weitaus umfangreicher und tiefer werden. „Am Ende ist es immer noch Schummelei“, fügt er hinzu und sieht die „Schönheit des Gestaltungsprozesses“ innerhalb einer gewissen Strategie – der Frage nach dem Wer, Was und Warum. 

 

„Die Post-Rationalisierung ist Teil des Prozesses, und jeder, der etwas anderes behauptet, lügt, haha!“ – so White. Er meint, dass ein Mikrokosmos dessen, was Liza Enebeis vorschlägt, als Teil des Prozesses im Studio Lowrie stattfindet. „Wenn jemand eine Lösung mit einer völlig fundierten Begründung vorschlägt, dann kann es sein, dass ein anderer Beteiligter etwas völlig Unterschiedliches darin sieht. So kann es sein, dass man mit mehr Entschlossenheit auf dem eingeschlagenen Pfad vorangeht. Durch gute Kommunikation innerhalb des Studios können Konzepte hinterfragt, rational betrachtet und begründet werden. „Post-Rationalisierung für bessere Ergebnisse“, fügt Mike White hinzu. Auch Raissa Pardini sieht Post-Rationalisierung nicht als Schimpfwort an und findet, dass „man durchaus sagen kann, gute Gründe am Ende eines Prozesses zu finden, ist genauso gut wie am Anfang.“ Allerdings empfiehlt sie, es damit nicht zu übertreiben.

 

„Die Ideen müssen für die angesprochenen Menschen relevant, aber nicht unbedingt offensichtlich sein.“


Entsprechend der Natur ihrer Prozesse halten die Mitarbeiter von Open Practice die Post-Rationalisierung zwar für Betrug, geben aber zu, dass es nicht so ist, als hätten sie das selbst noch nie gemacht, „besonders als wir Studenten waren“, geben sie zu. „Post-Rationalisierung kann ein sehr frustrierender Prozess sein. Er ist symptomatisch für eine Reflexion und Entwicklung zum falschen Zeitpunkt, weil er in gewisser Weise verlangt, dass eine Reflexion stattfindet, die einen wiederum auf passendere oder spannendere Ideen bringen könnte.“

Wenn mehr Einsicht und Rücksicht nicht nur für Ideen, sondern auch für Praktiken stattfindet, kommt „gutes“ Design vielleicht ja auch von aufmerksameren Designern. „Es ist spannend zu sehen, wie Studios und Kreative weiterdenken und immer mehr auf ihren Einfluss auf die Umwelt, ihre ethischen Standpunkte und ihre Arbeit- bzw. Auftraggeber achtgeben“, sagt Mike White und nennt das umstrittene Thema der Schriftdesigner und an wen diese ihre Schriften verkaufen als Beispiel. „Das sind die Arten von Ideen, die ich für gut halte und die aus den vielen schönen Dingen herausstechen“, ergänzt er und schlägt eine ähnliche Sichtweise wie Open Practice vor – also sich darauf zu konzentrieren, „was eine passende Idee ist, anstatt darauf, was gut ist.“

 

Letztendlich ist die Einschätzung, ob etwas „gut“ ist, kontextabhängig und subjektiv, aber es besteht immer die Möglichkeit, zu lernen und kritischer gegenüber dem zu werden, was man als „gut“ empfindet. Es kommt auch darauf an, für welches Publikum das Design gedacht ist und ob der Verbraucher ein Konzept hinter dem Design kennen muss. „Die Ideen müssen für die angesprochenen Menschen relevant, aber nicht unbedingt offensichtlich sein“, meint Craig Parsons. „Es kann eine Frage sein, die sie nie gestellt hätten, die aber dennoch auf Resonanz trifft, weil es die richtige Frage zu einem Zeitpunkt war, der ihr Raum ließ.“ Sie ist auch abhängig vom „Aufgabenbereich, der Komplexität der Idee und vom Verbraucher selbst“, findet man bei Open Practice und verweist auf das Beispiel der unterschiedlichen Überlegungen, die für das Design einer „guten“ Marke im Vergleich zu dem eines „guten“ Buches angestellt werden. „Gefühle und Empfindungen spielen eine große Rolle bei unserem Design“, schlussfolgern sie, „und vielleicht ist das in manchen Fällen wichtiger als eine großartige Idee oder Konzeption.“

Abgesehen von dieser eher akademischen Denkweise erklärt Raissa Pardini jedoch, dass sich ihre Vorstellung von einer „guten Idee“ mit zunehmendem Alter gewandelt hat, da sie sich zunehmend für die Spontaneität von Kindern interessiert. „Mit den Jahren wurde es immer wichtiger für mich, auf ‚meine innere Stimme‘ zu hören“, erklärt sie. „Ich habe mich dabei ertappt, dass ich seit dem Ausbruch der Pandemie versuche, mehr von dieser Spontaneität in meine Arbeit einfließen zu lassen.“ Sie findet, dass manchmal eine forschungsbasierte Lösung „nicht der richtige Ansatz für die Suche nach einer guten Idee ist. Eine gute Idee passt nicht immer auf dem gesamten Weg“, stellt Raissa Pardini lapidar fest und wirft die Frage auf, wer eine Idee eigentlich als gut definiert: „Ich glaube, dass das kreative Urteil immer sehr persönlich ist. Für mich gibt es keine ‚gute oder schlechte‘ Idee.“